"Freiheit des Wortes und der Kunst" - unter diesem Motto lud der Fachbereich Medien, Kunst und Industrie des ver.di-Landesbezirkes am 2. März zur Berliner Kulturpolitischen Konferenz. Rund 100 Kunst- und Kulturschaffende sowie Vertreterinnen und Vertreter von Berufsverbänden waren der Einladung in die ver.di-Bundesverwaltung gefolgt. Sie diskutierten mit Kultursenator Dr. Klaus Lederer und kulturpolitischen Sprechern der Parteien über ein kulturpolitisches Sofortprogramm für Berlin.
Von Bettina Erdmann
Die Einladung zur Konferenz umriss die Situation: Die im Grundgesetz verankerte Freiheit der Kunst und des Wortes ist bedroht – politisch, gesellschaftlich und sozial. Sie ist häufig nicht mehr als reine Proklamation, da die materielle Basis fehlt. Akteurinnen und Akteuren bleibt oft nicht mehr als die Freiheit, unter prekären Bedingungen zu arbeiten…
Zu dieser Besorgnis erregenden Entwicklung mit der Politik in einen »sachlich konstruktiven Dialog« zu treten, gemeinsame Ziele zu formulieren und mit einem »kulturpolitischen Sofortprogramm« Verbesserungen zu erreichen, sei Anliegen der Konferenz, so ver.di-Fachbereichsleiter Andreas Köhn. Nach Jahren des Kaputtsparens müsse Berlin wieder zu einer attraktiven Kulturland schaft werden.
Die ver.di-Fachgruppen aus dem Kunst und Kulturbereich gaben dafür dem Senat detaillierte Forderungskataloge an die Hand.
Eine sichere Basis für die Kunst
Kultursenator Lederer nahm den Ball auf, der ihm zugespielt wurde und spielte ihn »gern« zurück. 20 Minuten Redezeit waren dann doch zu kurz für die Fülle der Probleme. Viele der Forderungen teile er, »wir kommen ihrer Realisierung näher«, zu einigen wolle er Widerspruch anmelden. Ausgehend von einem Zitat Rosa Luxemburgs zur Pressefreiheit, bezeichnete er den Kulturkampf von Rechts als »schlimmste Entwicklung«. Die Freiheit der Kunst zu verteidigen, diese Allianz müsse in der Stadt geschmiedet werden, so Lederer. Freiheit läge nicht nur im Willen oder Unwillen, Geld zur Verfügung zu stellen, sondern auch in der Entwicklung der Gesellschaft. Allerdings sei eine nur rechtlich und nicht materiell abgesicherte Freiheit nur eine halbe Freiheit. "Von Arbeit muss man leben können. Aber wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen."
Erreicht wurde schon, dass im Doppelhaushalt Tarifsteigerungen für Einrichtungen vorweggenommen und erhebliche Fördermittel »ins System« eingespeist wurden. Schwierig sei, gegen exorbitante Mietsteigerungen für Gewerberäume vorzugehen, das bedürfe einer grundsätzlichen Änderung im Gewerbemietrecht. Deshalb sei erstmal das landeseigene Arbeitsräumeprogramm neu auszurichten, bedroht sei es nicht. Landeseigene Immobilien zu nutzen und insgesamt Kulturstandorte - auch mit Neubau und Sanierung wie an der Alten Münze - zu entwickeln, sei ein Weg. »Verkauft wird nichts mehr.«
34 Millionen Euro sind im neuen Haushalt für bezirkliche Kulturarbeit vor gesehen, die Basis und der Kulturdisput vor Ort seien zu stärken. Zu Prioritäten zählen die Musikschulen und ihre Ausstattung. »Sie müssen gut funktionieren. Meldet Eure Ansprüche an«, ermutigte der Senator. Versucht werde, langjährige Versäumnisse aufzuholen. Eine Servicestelle für Musikschulen sei im Haushalt angemeldet.
Wichtig sei auch, niedrigschwellige Kulturangebote zu machen, um Menschen zu erreichen, die sonst kein Theater, kein Museum besuchen. Dazu gehöre ein Klima des Respekts allen Besuchern gegenüber. »Solche Bildungserlebnisse bitte auch in den Forderungskatalog aufnehmen!«
Einer neuen Berliner Kunsthalle – Forderung der FG Bildende Kunst – widersprach der Senator. »Das hat keine Priorität. Wir haben dafür schon viele existierende Orte.«
Für alle Veränderungen ein großes Bündnis zu schaffen, betonte Lederer noch einmal, »das ist mein ganz großer Wunsch«.
Gemeinsam handeln geht nicht automatisch
Als Fazit aus dem Tag und der Diskussion einigten sich die Teilnehmenden auf eine Abschlusserklärung. Sie kann als Leitfaden verstanden werden, denn, so Gotthard Krupp, Landesfachbereichsvorsitzender Medien, Kunst und Industrie und einer der Initiatoren der Konferenz, »gemeinsam handeln wird nicht automatisch gehen. Unsere Allianz muss größer werden.«
Aufgezeigt wurde, welche konkreten Maßnahmen der Berliner Senat ergreifen kann, um seinen Beitrag zur Verwirklichung der Freiheit der Kunst und des Wortes zu leisten. »Wir verstehen«, so heißt es weiter, »die Arbeit dieser Konferenz als einen Anfang. Wir werden sie fortsetzen, die Ergebnisse bilanzieren und daraus weitere Forderungen und Vorschläge für das Land Berlin entwickeln. Alle Berliner Künstlerinnen und Kulturschaffende sind aufgerufen, mit uns zu diskutieren und für die Umsetzung der Forderungen zu handeln.« Denn ohne »Kunst.ist.Arbeit. Von Arbeit muss man leben können«.
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